Der Faire Handel hat sehr wichtige Erfolge vorzuweisen. Es sind Erfolge, die für uns nicht sichtbar und nicht messbar sind. Leonardo Duran spricht von Werten, die in unserer Konsumgesellschaft langsam verloren gehen. Ein Interview mit dem Berater der Kleinproduzentenorganisation Union Tosepan Titataniske in Mexiko. von Kleber Cruz

Kleber: Leonardo, wann haben die Beziehungen zwischen der Union und dem FH begonnen?
Leonardo: Die Union entschied sich erst einmal für die Bioproduktion und dann für den FH. Das war im Jahr 2001. Unsere ersten Exporte für den FH waren im Jahr 2003 oder 2004.
Kleber: Nach Europa?
Leonardo: Nein, zuerst nach Japan, dorthin gingen unsere ersten Kaffeelieferungen, danach kam Europa
Kleber : Welche Erwartungen habt ihr an den FH gestellt? Wie sollte der FH euch helfen?
Leonardo: Das war ein konkretes Thema. Es war die Zeit, als die Kaffeepreise dramatisch gesunken waren. Die schlimmste Kaffeekrise der Geschichte. Wir sprechen über die Jahre 2001 als die Preise bei 50US$/100lb lagen. Diese Preise stellten nicht mal 50% der Produktionskosten dar.
Kleber: Es war dann eine reine wirtschaftliche Entscheidung?
Leonardo: Es war auch ein wirtschaftliches Thema, aber abgeleitet daraus folgte eine sozialen Überlegung. Für uns war klar, dass der Markt uns seine Bedingungen nicht aufzwingen kann. Es gab Bauern, die den Kaffeeanbau aufgaben, um dieser Situation zu entkommen. Das war eigentlich der Anlass, natürlich aus einem Preis- und Marktdruck heraus. Der FH bot sich als Alternative an, wir sahen das bei anderen Organisationen, die an den FH verkauften. Die Bedingungen waren ganz anderes, die Produzenten hatten einen garantierten Mindestpreis und eine relative Preisstabilität. Diese Bauern lebten ganz anderes, sie waren nicht verzweifelt und gingen ihre Arbeit nach, sie wußten, dass sie ihre Produkte zu einem Mindestpreis verkaufen konnten. Die anderen Bauern waren entmutigt und verzweifelt.
Kleber: Der FH war so wie ein Rettungsring
Leonardo: Es war mehr als das. Es war ein Referenzpunkt, um zu verstehen, was wir vom Markt wollen. Zweifelsohne war es eine sehr kritische Lage, teilweise aussichtslos. Es war aber auch die Erkenntnis darüber, dass wir eine andere Marktbeziehung aufbauen müssen. Wir konnten nicht mehr in einem Markt aktiv werden, für den der Produzent keine Rolle spielt.
Kleber: Wenn ich dich richtig verstehe, ist der FH für euch in erster Linie eine wirtschaftliche Angelegenheit und nicht eine Soziale?
Leonardo: Der Markt für die Menschheit ist zunächst ein Austauschsystem. Hier herrscht eine wirtschaftliche Rationalität. Der FH kann sich dieser Tatsache nicht entziehen. Er ist immer noch ein Markt. Der Unterschied besteht nicht darin, ein gutes Geschäft abzuschließen. Der FH strebt Gerechtigkeit in der Handelsbeziehung an. Das ist einen sehr wichtiger Unterschied. Für uns ist die Gestaltung von menschlichen Beziehungen, die ihren Ausgangspunkt in einer Handelsbeziehung hat, sehr wichtig. Es soll so etwas wie ein Austauschsystem mit menschlichem Charakter zwischen Produzenten und Konsumenten sein.
Fortseztung folgt…