„Mexico lindo y querido“ Teil 3

Ist eine andere Art von Tourismus möglich? Ja! Die Genossenschaft Tosepankahli in Cuetzalan zeigt uns Wege, wie sich Menschen aus verschiedenen Kulturen näher kommen können. Von Kleber Cruz.

Als ich da war, haben meine Gastgeber die schwierigste Strecke ausgesucht: Sie wollten mit mir dorthin kommen, wo ein Wasserfall beginnt, nicht ganz bis zum Gipfel des Bergs. Als ich das von unten gesehen habe, habe ich das richtig unterschätzt, von unten sieht es relativ einfach aus, erfordert aber jede Menge Kraft und gute körperliche Kondition. Ich hätte natürlich nein sagen können und irgendeine Ausrede finden können, es wäre nicht schlecht angekommen. Sie hätten diese Entscheidung grinsen angenommen und sie auch respektiert, aber diesen Spaß, diesen Moment der Überlegenheit wollte ich meinen Gastgebern nicht gönnen. Ich wollte mir nicht sagen lassen, dass wir in Europa „Milchtrinker“ oder „Kurvenbremser“ sind.

Wasserfall in Cuetzalan
Wasserfall in Cuetzalan

 Zunächst sind wir den Berg hoch geklettert, teilweise gab es keine Wege, so dass wir uns mehr oder weniger an den Bäume festhalten mussten, teilweise hatten wir auch keinen Boden unter den Füßen, es war nass und natürlich auch rutschig. Oben angekommen, wo der Wasserfall (50 m Fall) begann, wollten wir auf die andere Seite gelangen. Es gab aber keine Brücke, lediglich einen schmalen Ast von einem Baum, der irgendwann runter gefallen ist und eine Art Brücke bildete, sonst gab es gar nichts. Unten brummte das Wasser mit so einer Kraft, dass man die eigene Stimme nicht hören konnte. Ich habe geflucht und mich mehrmals gefragt: was mache ich denn hier und vor allem für wen?“. Für einen wie mich, der unter Höhenangst leidet, ist so was ein sehr, sehr schlechter Scherz. Schweißgebadet habe ich diesen Wasserfall über den Ast geschafft und dachte, jetzt geht es runter. Leider war das eine falsche Einschätzung, wir kletterten weiter hoch bis zum nächsten Wasserfall. Hier gab es keine Brücke, keinen Baumast, kein gar nichts, lediglich einige Steine unter dem Wasserfall, die einen schmalen Weg bildeten. Das war wirklich gefährlich, die Steine waren rutschig, es gab nichts, wo man sich festhalten konnte und das Wasser floss über unseren Köpfe mit unglaublicher Kraft. Extrem langsam, übervorsichtig und praktisch auf mich gestellt, habe ich diesen Weg durchgehen können, nach unten habe ich gar nicht geguckt und über uns floss nur Wasser Richtung unten. Ein Mitglied der Truppe wäre beinah abgestürzt , seine Schuhe waren für die Situation nicht geeignet. Dann ging es endlich nach unten, leider gab es streckenweise keine Wege oder ähnliches, es galt wieder mal, sich an Bäumen festzuhalten. Insgesamt bin ich dreimal auf die Nase gefallen. Unter angekommen wartete auf uns das Essen, ich konnte mich kaum auf den Beinen halten und wollte nur Wasser trinken. Die Bauern, die auf uns mit dem Essen warteten, hatten im Gesicht ein verdächtigten Grinsen und wechselten mit der Gruppe hilflose Blicke. Vor versammelten Mannschaft sagte ich allen: „Den Spaß wollte ich euch nicht gönnen, wir sind keine Milchtrinker!“ Alle haben gelacht und wir stürzten uns auf das Essen.

Die zweite Säule ist die Union selbst. Dorthin fahren Besucher aus der ganze Welt, fasziniert durch die Möglichkeit, die Produktionsprozesse von Kaffee, Zucker, Honig zusammen mit den Bauern zu erleben. Das ist sehr lehrreich, denn es erlaubt dem Besucher zum einen, die Produktionskette zu verstehen, zum anderen aber wird dem Besucher deutlich, warum sich die Bauern in Genossenschaften organisieren. Man muss sich das folgendermaßen vorstellen: Der Besucher wird einer Bauerfamilie zugewiesen und bleibt bei ihr 24 Stunden, er wird Gast bei der Bauerfamilie. Die Familie bringt dem Besucher bei, wie Kaffee, Honig oder Zucker geerntet wird, und der Besucher kann mitmachen, er guckt nicht nur über die Schulter, sondern packt auch an, er bekommt sein Korb, damit er Kaffee pflücken kann. Der Besucher wird für eine kurze Zeit zum Kaffeepflücker und führt alle Produktionsschritte durch (vom Pflücken über Entpulpen und Waschen bis hin zum Trocknen des Kaffee). Dabei lernt er den Anbauprozess, vor allem kriegt er mit, was Bio-Anbau bedeutet. Das alles macht sehr viel Spaß. Der Besucher ist Gast der Bauernfamilie, d.h. er übernachtet bei ihnen, kocht mit ihnen, isst mit ihnen zusammen, er wird für ein paar Stunden Teil dieser Familie sein. Das ist eine sehr interessante und empfehlenswerte Erfahrung. Die Sprachbarriere wird am Ende des Tages keine Barriere sein, und wenn schon dann ist sie lediglich ein „Mäuerchen“, denn die Familien sind sehr gastfreundlich.

Anschließend steht eine Kaffeeverkostung im Kaffeelabor der Genossenschaft im Programm. Genau das gleiche kann man mit Honig oder Zucker erleben. Diese zweite Säule nennt die Union: „Construyendo nuestro futuro“ Unsere Zukunft bauen. Für die Union bietet dieses Erlebnis die Möglichkeit, andere Sichtweisen zu verstehen, in Kontakt mit anderen Realitäten zu kommen. Dieses Programm beansprucht bis zu 3 Tagen.

Danach steht die Begleitung des Kaffee zum Hafen nach Veracruz an und je nach Möglichkeit kann man auch das Verladen des Kaffees in Container miterleben. Die Fahrt nach Veracruz dauert etwa 3 Stunden. Die Fahrt ist auch sehr interessant, auf den Weg nach Veracruz kann man archäologische Sehenswürdigkeiten aus der vorkolonialen Zeit besichtigen. Wenn man am Ende der Reise noch ein paar Tage am Strand anhängt, dann bedeutet alles insgesamt 7 bis 8 Tage. Es werden Gruppen oder Einzelpersonen empfangen.

Tosepankahli ist für diese Vorhaben gut ausgestattet. Die Infrastruktur ist relativ breit, es gibt kleine Bungalows (10 Stück) und ein Hostal mit 38 Betten, alles liegt in der Anlage von Tosepan Ttitataniske, dazu zählt auch den Essraum, ein Swimmingpool und die Klassenräume des Ausbildungszentrums der Union, wo die Vorbereitung der Besucher auf die nächsten Tage durchgeführt werden.

Unterkunft bei Tosepan
Unterkunft bei Tosepan

Warum ist dieses Projekt für Tosepan Titataniske so wichtig? Leonardo erzählt zunächst von Einkommensmöglichkeiten für die zukünftige Generationen, die Migration von jungen Leuten zu reduzieren, die ländlichen Räume sollen nicht verlassen werden. Aber genauso wichtig wie die erwähnten Gründe ist es, eine Brücke zwischen Konsumenten und Produzenten zu bauen, damit sie sich gegenseitig kennenlernen.

Essenraum bei Tosepan
Essenraum bei Tosepan

Die Reise verspricht unvergesslich zu sein.
Weitere Informationen unter kcg@outlook.de
Köln, 29.11.2014

3 Gedanken zu “„Mexico lindo y querido“ Teil 3

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